Konflikte sind ein unvermeidlicher Teil des menschlichen Zusammenlebens. Ob im beruflichen Kontext, in der Familie oder im Freundeskreis – sie tauchen auf, manchmal unverhofft und oft in Momenten, in denen wir sie am wenigsten gebrauchen können. Doch was, wenn wir in der Lage wären, diese Konflikte nicht nur zu bewältigen, sondern sogar daran zu wachsen? An dieser Stelle kommt eine ganz besondere Fähigkeit ins Spiel, die als Resilienz bezeichnet wird. Erfahren Sie in diesem Blogbeitrag, was Resilienz ist und was sie mit Konflikten zu tun hat, wie Sie Ihre Konfliktresilienzkompetenz stärken können und welchen Nutzen dies für Sie als Privatperson bzw. Belegschaftsmitglied und darüber hinaus für ganze Organisationen hat.

Was ist Resilienz?
Es gibt wirklich viele Definitionen zum Begriff „Resilienz“. Zwei davon lauten:
Der Begriff Resilienz leitet sich von dem englischen Wort „resilience“ (Spannkraft, Widerstandsfähigkeit, Elastizität) ab und bezeichnet allgemein die Fähigkeit einer Person oder eines sozialen Systems, erfolgreich mit belastenden Lebensumständen und negativen Folgen von Stress umzugehen (vgl. Wustmann Seiler, 2004, S. 18).
„Unter Resilienz wird die Fähigkeit von Menschen verstanden, Krisen im Lebenszyklus unter Rückgriff auf persönliche und sozial vermittelte Ressourcen zu meistern und als Anlass für Entwicklung zu nutzen“ (Welter-Enderling & Hildenbrand, 2006, S. 13).
Resilienz beschreibt demnach die Fähigkeit von Menschen oder ganzen Systemen, sich von Rückschlägen, Stress und Krisen relativ schnell zu erholen und sich an veränderte Umstände oder neue Rahmenbedingungen anzupassen. Es handelt sich um eine Art psychologische Widerstandskraft, die es Menschen ermöglicht, trotz widriger Umstände funktionsfähig zu bleiben und sogar zu wachsen. Resilienz ist also nicht nur die Fähigkeit, schwierige Lebensereignisse zu bewältigen, sondern auch die Fähigkeit, aus diesen Erfahrungen zu lernen und sich weiterzuentwickeln.
Resilienz in Konflikten bezeichnet die Fähigkeit, Stress zu regulieren und den Zugang zu den eigenen Ressourcen (z.B. Impulskontrolle) zu erhalten.
Die sieben Säulen der Resilienz
Laut den Forschern Karen Reivich und Andrew Shatté (2003) gibt es sieben entscheidende Faktoren, die resiliente Menschen auszeichnen, auf die sich auch Denis Mourlane (2014) in seiner Publikation „Resilienz. Die unentdeckte Fähigkeit der wirklich Erfolgreichen.“ bezieht.
Empathie: Empathie beschreibt die Fähigkeit, sich auf der Basis von beobachtetem Verhalten in die psychologische und emotionale Lage eines anderen Menschen zu versetzen.
Emotionssteuerung: Der Resilienzfaktor „Emotionssteuerung“ beschreibt die Fähigkeit, unter Druck ruhig zu bleiben. Resiliente Menschen nehmen ihre Gefühle bewusster wahr als andere Menschen, erkennen diese und können diese durch unterschiedliche Verhaltensweisen und Techniken steuern.
Impulskontrolle: Der Resilienzfaktor „Impulskontrolle“ beschreibt die Fähigkeit, sein eigenes Verhalten in Drucksituationen zu steuern. Darüber hinaus beschreibt dieser Faktor die Fähigkeit, sich in unseren immer komplexer werdenden Arbeitsumfeldern über einen längeren Zeitraum auf eine Aufgabe zu konzentrieren.
Selbstwirksamkeit: Selbstwirksamkeit beschreibt unseren Wunsch, Herausforderungen anzunehmen und unsere Überzeugung, dass wir durch unser eigenes Handeln Dinge verändern können.
Realistischer Optimismus: Der Resilienzfaktor „Realistischer Optimismus“ beschreibt die Überzeugung, dass sich Dinge zum Guten wenden können und werden. Er beschreibt außerdem die Fähigkeit, auch in sehr schwierigen Situationen eine Sinnhaftigkeit und etwas Positives zu sehen und zu entdecken.
Kausalanalyse: Der Resilienzfaktor „Kausalanalyse“ beschreibt die Bereitschaft, ein Problem zeitlich und inhaltlich gründlich und treffend zu analysieren.
Zielorientierung: Zielorientierung ist ein Maß dafür, wie gern sich ein Mensch neue Ziele setzt und diese unabhängig von der Meinung anderer verfolgt und umsetzt.
Resilienz – 3 Grundhaltungen und 4 Fähigkeiten
Die Forschung zum Thema Resilienz stößt auf unterschiedlichste individuelle Ressourcen und persönliche Schutzfaktoren, die sich gegenseitig beeinflussen. Ihr kohärentes Zusammenwirken in Form konkreter Handlungen in Krisensituationen lässt sich unter dem Begriff der Resilienzkompetenz zusammenfassen.
Monika Gruhl (2010) definiert drei prinzipielle Grundhaltungen in Bezug auf Resilienz: Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung sowie 4 essentielle Fähigkeiten: „sich selbst regulieren“, „Verantwortung übernehmen“, „Beziehungen gestalten“ und „Zukunft gestalten“ im Zusammenhang mit Resilienzfähigkeit bzw. -kompetenz. Daraus leiten sich zum Teil dieselben und zum Teil andere Resilienzfaktoren als oben ab:
Optimismus: Die Fähigkeit, positive Erwartungen für die Zukunft zu haben und Herausforderungen als bewältigbar zu betrachten.
Akzeptanz: Die Bereitschaft, schwierige Situationen zu akzeptieren, anstatt gegen die Realität anzukämpfen.
Lösungunsorientierung / Zielorientierung: Die Fähigkeit, realistische Ziele zu setzen und Schritte zu unternehmen, um diese zu erreichen.
Verantwortung übernehmen / Selbstwirksamkeit: Der Glaube an die eigene Fähigkeit, Herausforderungen bewältigen zu können.
Beziehungen gestalten / Soziale Unterstützung: Die Fähigkeit, Beziehungen zu pflegen und Unterstützung von anderen zu suchen und anzunehmen.
Sich selbst regulieren / Emotionale Regulation: Die Fähigkeit, eigene Emotionen zu erkennen und zu steuern, um effektiv mit Stress umzugehen.
Zukunft gestalten / Flexibilität: Die Fähigkeit, sich an veränderte Umstände anzupassen und neue Wege zu finden, um Probleme zu lösen.
Der Effekt von Resilienz auf das Konfliktgeschehen
Konflikte gehören zum (Arbeits-)Leben. Diese Aussage können wir wohl alle unterschreiben, auch wenn wir sie nicht mögen. Warum aber gehen manche Menschen mit Konflikten und Krisen halbwegs entspannt um, während andere vor Angst erstarren? Eine Konfliktsituation kann durchaus als eine Krise und ein Stressfaktor betrachtet werden. In akuten Konfliktsituationen zeigt sich Resilienz durch einen konstruktiven Umgang mit Spannungen, anstatt in destruktive Verhaltensmuster zu verfallen. Die unterschiedlichen Ressourcen bzw. Faktoren der Resilienz bieten eine wertvolle Grundlage, um Konflikte besser zu bewältigen und gestärkt aus ihnen hervorzugehen.
Mögliche Einfluss von Resilienzkompetenz auf Konflikte:
Konfliktbewältigung: Resiliente Personen sind oft besser in der Lage, Konflikte konstruktiv zu bewältigen. Sie können ruhig bleiben, wenn Spannungen entstehen, und suchen nach Lösungen, anstatt sich in destruktiven Verhaltensweisen zu verlieren.
Perspektivwechsel: Resiliente Menschen haben die Fähigkeit, verschiedene Perspektiven zu verstehen, was zu einem besseren Dialog und einer effektiveren Konfliktlösung führt.
Stressbewältigung: In Konfliktsituationen kann Resilienz helfen, Stress zu reduzieren, was wiederum zu rationaleren Entscheidungen und weniger impulsivem Verhalten führt.
Lernfähigkeit: Resilienz fördert die Bereitschaft, aus Konflikten zu lernen. Anstatt sich auf Misserfolge zu konzentrieren, sehen resiliente Menschen Konflikte als Gelegenheiten zur persönlichen und zwischenmenschlichen Weiterentwicklung.
Beziehungsstärkung: Resilienz kann dazu beitragen, Beziehungen zu stärken, da die Fähigkeit, Konflikte konstruktiv zu lösen, das Vertrauen und die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten fördert.
Insgesamt ist Resilienz ein entscheidender Faktor dafür, wie Menschen mit Konflikten umgehen. Eine ausgeprägte Resilienzkompetenz ermöglicht es, Konflikte nicht als Bedrohung, sondern als Chance zur Weiterentwicklung zu sehen. Der Umgang mit Konflikten ist nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch der inneren Haltung. Menschen, die über diese Kompetenz verfügen, sind besser in der Lage, emotionale Reaktionen zu steuern, Perspektiven zu wechseln, kreative Lösungen zu finden und sogar gestärkt aus Konflikten hervorzugehen.
Fallbeispiel: Renate und der Konflikt im Team
Renate arbeitete als Projektmanagerin in einem dynamischen Unternehmen für digitales Marketing und war für ihre Freundlichkeit und Gelassenheit bekannt. Eines Tages geriet sie in einen Konflikt mit ihrem Kollegen Markus, der für die technische Umsetzung zuständig war. Ihre unterschiedlichen Herangehensweisen führten zu einem hitzigen Streit, der die Stimmung im Team belastete. Anstatt den Konflikt zu ignorieren, suchte Renate das Gespräch mit Markus und zeigte Verständnis für seine Sichtweise. Dabei verinnerlichte sie die drei Grundhaltungen der Resilienz: Optimismus, Akzeptanz und Lösungsorientierung.
Mit einem optimistischen Blick auf die Situation schlug sie eine Brainstorming-Sitzung mit dem gesamten Team vor, um gemeinsam an Lösungen zu arbeiten. Diese Idee fand großen Anklang. Renate akzeptierte auch, dass Konflikte Teil des Arbeitslebens sind und oft zu wertvollen Erkenntnissen führen können. Sie bat ihren Teamleiter um Unterstützung bei der Organisation eines moderierten Workshops, in dem alle Teammitglieder ihre Ideen äußern konnten, was nicht nur den Konflikt zwischen Renate und Markus löste, sondern auch die Zusammenarbeit und Kreativität im Team stärkte.
Nutzen von Konfliktresilienzkompetenz der Mitarbeitenden für Organisationen
Resilienz bezeichnet u.a. die Fähigkeit, Stress zu regulieren und den Zugang zu den eigenen Ressourcen zu erhalten. Im Kontext des Konfliktmanagements erweist sich diese Kompetenz als äußerst wertvoll. Weniger stressbelastete Mitarbeitende sind in der Lage, Konflikte eigenständig zu lösen oder sogar präventiv zu verhindern. Dies trägt nicht nur dazu bei, den konfliktbedingten Stress zu reduzieren, sondern erhöht auch die allgemeine Belastbarkeit im Team.
Eine hohe Konfliktresilienzkompetenz bringt also sowohl für Individuen als auch für Organisationen erhebliche Vorteile mit sich. Für Mitarbeitende bedeutet eine hohe Konfliktresilienzkompetenz ein höheres Maß an emotionaler Stabilität und damit Lebenszufriedenheit. Auf der Organisationsebene ist die Entwicklung von Resilienzkompetenz ebenso entscheidend. Teams, die in der Lage sind, Konflikte konstruktiv zu lösen, sind produktiver und innovativer. Sie fördern eine Kultur des Vertrauens und der Offenheit, die es ermöglicht, Probleme frühzeitig anzugehen und gemeinsam Lösungen zu finden.
Um Konflikte resilient zu lösen, ist allerdings eine positive Konfliktkultur im Unternehmen unerlässlich. Darüber hinaus können wir lernen, flexibel und resilient auf aufkommende Konflikte zu reagieren. Es ist daher wichtig, die Entwicklung der Resilienzkompetenz im Umgang mit Konflikten zu fördern, um sowohl das individuelle Wohlbefinden als auch die Leistungsfähigkeit der Organisation zu steigern.Formularbeginn
Stärkung der Konfliktresilienzkompetenz
Es gibt verschiedene Ansätze, um die eigene Konfliktresilienzkompetenz zu stärken, zum Beispiel:
Selbstreflexion: Regelmäßige Selbstreflexion hilft, eigene Denk- und Verhaltensmuster zu erkennen. Fragestellungen, wie: „Was genau ärgert mich jetzt und warum?“ und „Was hat das konkret mit meinem Konfliktpartner zu tun?“ und „Welche Information oder Perspektive fehlt mir, um mein Gegenüber zu verstehen?“ und „Wo liegen unsere gemeinsamen Interessen?“ usw. können hier sehr wertvolle neue Erkenntnisse zu Tage bringen.
Kommunikationstraining: Durch gezielte Trainings können Kommunikationsfähigkeiten verbessert werden. Das aktive Zuhören und die Fähigkeit, sich klar auszudrücken, sind essenziell. „Nachfragen“ und „Paraphrasieren“ sind die diesbezüglichen Klassiker, die man auch ganz leicht für sich selbst regelmäßig trainieren kann.
Stressbewältigungstechniken: Methoden wie Achtsamkeit oder Atemübungen tragen dazu bei, in Konfliktsituationen einen kühlen Kopf zu bewahren. Oft reichen schon ein oder zwei tiefe Atemzüge, um sich in einer rasch aufkochenden Konfliktsituation selbst etwas „abzukühlen“.
Kollegiale Beratung, Peer-Groups oder Coaching: Der Austausch mit anderen kann neue Perspektiven eröffnen und Unterstützung bieten. Hierfür eignen sich die Kollegenschaft, die Führungskraft, Peers im Freundeskreis oder Coaches.
Aufbau und nachhaltiges Training von Konfliktresilienzkompetenz
Selbstverständlich kann der Aufbau von Konfliktresilienzkompetenz auch durch gezielte Schulungen und Workshops gefördert werden. In akuten Fällen empfiehlt sich die Inanspruchnahme von Mentoring oder Coaching, da die individuelle Begleitung helfen kann, individuelle konfliktbehaftete Herausforderungen zu meistern und damit gleichzeitig die generelle Konfliktresilienzkompetenz gezielt zu stärken. Eine offene Feedback- bzw. Konfliktkultur innerhalb von Teams unterstützt ebenso den diesbezüglichen kontinuierlichen Lernprozess und die persönliche Entwicklung.
Fazit
Resilienz und Konflikte stehen in einer engen Wechselbeziehung. Durch die Entwicklung von Konfliktresilienzkompetenz können wir nicht nur unsere eigenen Fähigkeiten stärken, sondern auch einen positiven Einfluss auf unser Umfeld ausüben. Für Individuen und Organisationen ist es unerlässlich, diese Kompetenzen systematisch zu fördern, um ein gesundes, produktives und kreatives Miteinander nachhaltig zu gewährleisten.
Literatur:
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