Mediator*innen berichten im Rahmen der im Jänner 2023 durchgeführten qualtiativen Studie von massiven Ansteigen der Eskalationsbereitschaft der Mediand*innen. Waren vor der Pandemie die Eskalationsstufen 1-3 nach der Definition von Friedrich Glasl im Fokus der Mediation, so führten die Umstände der Pandemie zu einer Verschärfung der Konflikte bzw. zu Erschwerung der Konfliktbeilegung: in der Regel haben die Stufen 6-8 80% der Anfragen betroffen. Mit Ende der Pandemie blieben die Eskalationsstufen hoch und gehen nur langsam auf ein niedrigeres Niveau zurück.
Diese Beobachtung wird durch eine unter 148 durchgeführten quantiativen Erhebung erhärtet. Es wird eine Zunahme der letzten 3 Stufen (lose-lose) von 2,82% auf 6,95% zwischen 2019 und 2021 attestiert, während die einfachen Fälle der Stufe 1 von 9 um 2/3 reduziert werden.
Eine Entwicklung, die bei einer Sonderauszählung in Bezug auf Mediator*innen mit Trennungs-/Scheidungsmediation noch einmal verstärkt wird: Waren hier 2019 noch 48,72% noch in den ersten 3 Stufen (win-win), so sind es 2021 nur 37,5%, die Fälle in den letzten 3 Stufen (loos-loos) verdoppeln sich.
Als Mediator*innen empfehlen wir unseren Klienten so früh wie möglich Hilfe zur Streibeilegung zu suchen. Je weiter die Eskalationsbereitsaft entwickelt ist, umso geringer ist die Chance eine gemeinsame Lösung zu finden. In der Stuffe "Loos-Loos" nach Glasl sind die Parteien bereits darauf ausgerichtet dem Gegenüber Schaden zuzufügen, selbst wenn sie selbst davon in Mitleidenschaft gezogen werden.
Positiv zu vermerken ist allerdings, dass die Medianden und Mediandinnen, welche dies erhöhte Eskalationsstufen aufweisen, die Hilfe von Mediator*innen gesucht haben. Die damit verbundene Freiwilligkeit in ein Schlichtungsgegespräch einzutreten ist ein positives Signal zur Deeskalation.
Jürgen Dostal
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