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Wie ich dem Emotions-Dilemma und Konflikt-Drama entkomme.

Autorenbild: Christiana ScholzChristiana Scholz

Emotions-Dilemmas und Konflikt-Dramen haben die Eigenschaft, uns in eine Spirale aus Gefühlen und Missverständnissen zu ziehen, die oft schwer zu durchbrechen ist. Jeder von uns kennt doch diese Momente, in denen sich Konflikte plötzlich zu wahren Dramen entwickeln. Diese emotional aufgeladenen Situationen können nicht nur zwischenmenschliche Beziehungen belasten, sondern auch unser inneres Gleichgewicht. Dabei scheint es oft so, als wären die Gefühle außer Kontrolle geraten und statt einer Lösung, sehen wir uns in einem Irrgarten aus Vorwürfen und Missverständnissen gefangen. Doch wie kann man solche Dynamiken auflösen oder ihnen gar entgehen? Praxiserprobte Ansätze und wissenschaftliche Erkenntnisse liefern konkrete Handlungsstrategien.


Christiana Scholz: In Konfliktsituationen sind wir oft auf Emotions-Autopilot.
Christiana Scholz: In Konfliktsituationen sind wir oft auf Emotions-Autopilot.

Emotionen – Die Wurzeln der Konfliktdynamik

Emotionen sind kraftvolle Antriebe in Konflikten. Sie können uns helfen, authentisch zu bleiben, oder – wenn sie außer Kontrolle geraten – uns noch tiefer in Konflikte verstricken. Sie entstehen oft unbewusst und beeinflussen unsere Reaktionen erheblich schneller als rationale Überlegungen. Emotionale Muster können sogar dazu führen, dass Konflikte dramatischer erscheinen, als sie tatsächlich sind. Besonders in Konfliktsituationen reagieren wir oft aus einem „emotionalen Autopiloten“ heraus, was zu Missverständnissen und Eskalationen führen kann. Emotionale Reaktionen sind tief in unserer Gehirnstruktur verwurzelt und das limbische System, insbesondere die Amygdala, spielt eine zentrale Rolle bei der Verarbeitung von Emotionen.


Daniel Goleman, der Begründer des Konzepts der emotionalen Intelligenz, mit dem er eine wichtige Grundlage für das Verständnis von Emotionen legte, bestätigt, dass besonders in stressigen Situationen Emotionen unseren Verstand überfluten können, was zu irrationalem Verhalten und eskalierenden Reaktionen führt (Goleman, 2005). Dieser Prozess wird in der Neuropsychologie als Amygdala Hijack bezeichnet, bei dem das Emotionszentrum des Gehirns die Kontrolle übernimmt. Um diese emotionalen „Hijacks“ zu vermeiden, ist es wichtig, sich seiner eigenen Gefühle bewusst zu werden. Eine Bewusstheit über diese Mechanismen hilft uns, innezuhalten und zu reflektieren. Schon eine kurze Achtsamkeitspause, in der wir uns fragen „Was fühle ich gerade?“ und „Warum reagiere ich so?“ kann helfen, eine drohende Eskalation zu verhindern.


Die Epigenetik zeigt zudem, dass nicht nur unsere Erfahrungen, sondern auch genetische Faktoren eine Rolle in unserer emotionalen Reaktion spielen. Bruce Lipton beschreibt in The Biology of Belief (2016), wie unsere Umwelt und unsere Gedanken epigenetische Marker aktivieren können, die Einfluss auf unser emotionales Wohlbefinden haben. Konflikte und emotionale Dramen können somit tief verwurzelte Reaktionsmuster auslösen, die durch achtsame Praxis und gezielte Arbeit an unseren Gedanken bzw. inneren Dialogen gemildert werden können.

 

Konstruktive Kommunikation entschärft Konflikte

Eine der effektivsten Strategien, um Konflikte zu entschärfen, ist eine bewusste und klare Kommunikation. Marshall Rosenberg, Begründer der gewaltfreien Kommunikation (GFK), betont die Bedeutung von einfühlsamem Zuhören und respektvollem Dialog, in dem nicht Vorwürfe, sondern Gefühle und Bedürfnisse beider Seiten im Mittelpunkt stehen und damit gegenseitiges Verständnis gefördert wird (Rosenberg, 2003).


Ein Beispiel: Statt „Du hörst mir nie zu!“ könnte man sagen: „Wenn ich rede und du nebenbei aufs Handy schaust, fühle ich mich ignoriert. Mir ist es wichtig, dass wir einander Aufmerksamkeit schenken. Könntest du mir bitte einen Moment zuhören?“


Diese Form der Kommunikation fördert ein respektvolles Miteinander und reduziert die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein kleiner Konflikt in ein großes Drama verwandelt.


Die folgende Technik aus der GFK reduziert emotionale Spannungen und schafft Raum für ein respektvolles Miteinander:

  1. Beobachtung neutral formulieren: „Ich habe bemerkt, dass du nicht auf meine Nachrichten reagiert hast.“

  2. Eigenes Gefühl mitteilen: „Das hat mich frustriert.“

  3. Bedürfnis benennen: „Ich brauche mehr Kommunikation, um mich verstanden zu fühlen.“

  4. Klare Bitte formulieren: „Kannst du mir bitte sagen, was dich beschäftigt?“


Durch diese Formulierungsstruktur gelingt es, die Dramatik eines Konflikts herauszunehmen und ihn auf eine sachliche Ebene zu bringen.

 

Aktive Konfliktbearbeitung mithilfe der NLP-Technik „Dissoziation“

Das Neuro-Linguistische Programmieren (NLP) bietet Techniken, um in Konfliktsituationen bewusst zu agieren. Richard Bandler und John Grinder, die Begründer des NLP, haben gezeigt, dass unsere inneren Bilder und Sprachmuster unser Erleben von Konflikten stark beeinflussen. Durch bewusste Veränderungen unserer inneren Bilder und Worte können wir unsere emotionalen Reaktionen gezielt verändern (Bandler & Grinder, 1975).


Besonders hilfreich ist die Technik der Dissoziation, bei der man sich selbst und die Situation aus einer distanzierten Perspektive – wie ein Zuschauer eines Films – betrachtet. Diese Technik schafft emotionalen Abstand. Emotionen verlieren ihre Überhand. Damit werden klarere und sachlichere Reaktionen und objektivere Entscheidungen möglich.


Und so funktioniert's:

Stellen Sie sich eine Konfliktsituation vor, beobachten Sie diese aus der Sicht eines neutralen Zuschauers und stellen Sie sich folgende Fragen:

  • Wie wirken die beteiligten Personen auf mich, wenn ich nicht selbst involviert bin?

  • Welche Emotionen tauchen auf, wenn ich die Situation von außen betrachte?

  • Welche neuen Lösungsmöglichkeiten sehe ich?

Den Konflikt aus einer neuen Perspektive zu betrachten, verändert nicht nur die Emotionsintensität, sondern schafft auch kognitiven Raum, um bedachte Lösungen zu finden.

 

Dramadreiecke erkennen und verlassen

Der Psychiater Stephen Karpman entwickelte das Modell des Dramadreiecks, um zu veranschaulichen, wie Menschen in konfliktreiche Rollen von „Opfer“, „Verfolger“ und „Retter“ verfallen (Karpman, 1968). In vielen Konflikten nehmen die Beteiligten unbewusst eine dieser Rollen ein und verstricken sich so in endlose Dramen. Um diese Dynamik zu durchbrechen, ist es wichtig, sich der eigenen Rolle bewusst zu werden und aus dem Dramadreieck auszusteigen.


Beispielsweise könnte jemand, der immer wieder die Rolle des „Opfers“ einnimmt, seine Verantwortung für die Situation anerkennen und aktiv nach Lösungen suchen, statt sich in der Hilflosigkeit zu verlieren.

 

Mediation: Wenn Konflikte zwischen Menschen eskalieren

Manchmal reicht der eigene Versuch, interpersonelle Konflikte zu lösen nicht aus. Zwischenmenschliche Konflikte können so komplex und tiefgehend sein, dass sie externe Unterstützung erfordern. Hier kommt die Mediation ins Spiel. Eine Mediation ist ein strukturiertes Verfahren, bei dem eine neutrale dritte Person den Konfliktparteien hilft, ihren Streitpunkt zu erhellen und eine gemeinsame Verhandlungsbasis wiederherzustellen.

Der Mediator schafft dabei einen geschützten Raum, in dem alle Beteiligten ihre Sichtweise darlegen und gemeinsam nach Lösungen suchen können, ohne dass es zu weiteren Eskalationen kommt.


Friedemann Schulz von Thun betont die Bedeutung einer neutralen Vermittlerrolle in Konflikten, um den Dialog zu fördern und Lösungen zu erarbeiten (Schulz von Thun, 1981). Die Mediation zielt darauf ab, eine „win-win“-Situation zu schaffen, bei der alle Beteiligten ihre Bedürfnisse respektiert sehen.


Studien zeigen, dass Mediation nicht nur die Kommunikation verbessert, sondern langfristig zu stabileren Beziehungen führt (Pruitt & Kim, 2021). Die Stärke der Mediation liegt darin, dass sie Raum für alle Sichtweisen schafft, ohne dass die Parteien gezwungen sind, emotional belastende Gespräche allein zu führen. Ein erfahrener Mediator hilft, die Konfliktdynamik zu entschärfen und konstruktive Lösungen zu erarbeiten.

 

Einzelcoaching hilft! …bei intrapersonellen Konflikten.

Nicht alle Konflikte betreffen andere Menschen. Oft kämpfen wir auch mit inneren Konflikten, die uns in einem emotionalen Dilemma festhalten. Diese intrapersonellen Konflikte entstehen, wenn wir unterschiedliche Bedürfnisse oder Werte nicht in Einklang bringen können. Richard David Precht beschreibt in seinem Buch Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?, dass wir oft zwischen verschiedenen Bedürfnissen und Rollen in uns selbst hin- und hergerissen sind, was innere Konflikte auslöst (Precht, 2007).


Derartige intrapersonelle Konflikte wirken sich nicht nur auf das eigene emotionale Wohlbefinden negativ aus, sondern erschweren auch die Bearbeitung interpersoneller Konflikte.


Einzelcoaching ist in solchen Situationen eine hilfreiche Methode, um innere Rollenkonflikte aufzudecken, unbewusste Bedürfnisse sichtbar zu machen und konstruktive Handlungsoptionen zu erarbeiten.

 

Fazit

Mithilfe der beschriebenen Techniken ist es machbar, in Konfliktsituationen weniger reaktiv zu sein. Die vorgeschlagenen Handlungskonzepte unterstützen Konflikte zu deeskalieren und den eigenen möglichen Handlungsspielraum zu erkennen und auszuweiten. Das Beiziehen von Dritten empfiehlt sich immer dann, wenn ein Konflikt selbst nicht gelöst werden kann oder bereits über einen längeren Zeitraum andauert und beginnt belastend zu werden.


Die Devise lautet: „Vorbeugen und bei Bedarf zeitnah reagieren!“ Festgefahrene Konflikte oder Dramen lassen sich nämlich nicht oder nur sehr schwer lösen.

 

Literaturverzeichnis

Bandler, R., & Grinder, J. (1975). The Structure of Magic I: A Book About Language and Therapy. Science and Behavior Books.

Davidson, R. J., & McEwen, B. S. (2012). Social influences on neuroplasticity: Stress and interventions to promote well-being. In Nature Neuroscience, doi: 10.1038/nn.3093.

Goleman, D. (2005). Emotional Intelligence: Why It Can Matter More Than IQ. Bantam Books.

Karpman, S. (1968). "Fairy Tales and Script Drama Analysis". Transactional Analysis Bulletin, 26(7), 39-43.

Lipton, B. (2016). The Biology of Belief: Unleashing the Power of Consciousness, Matter & Miracles. Hay House.

Precht, R. D. (2007). Wer bin ich – und wenn ja, wie viele?. Goldmann Verlag.

Pruitt, D. G., & Kim, S. H. (2004). Social Conflict: Escalation, Stalemate, and Settlement. Mc Graw Hill.

Rosenberg, M. B. (2003). Nonviolent Communication: A Language of Life. Puddle Dancer Press.

Schulz von Thun. (1981). Miteinander Reden 1: Störungen und Klärungen: Allgemeine Psychologie der Kommunikation, Rowohlt

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